Mängelrüge OR – aber richtig!

Beim Bau einer Immobilie kommt es immer wieder zu verschiedenen Baumängeln. Dieser kann darin begründet liegen, dass die Baute nicht den individuell vereinbarten Wünschen entsprechen oder gar unsorgfältig gearbeitet wurde (sog. “Baupfusch”). Doch wie geht man mit diesen Fällen rechtlich korrekt um?

SIA-Norm 118 oder Obligationenrecht (OR)?

In diesem Artikel behandeln wir die oben genannte Frage nach den allgemeinen Regeln des OR. Die Vorgehensweise nach den SIA-Normen 118, ein für den Bau häufig angewendetes und standardisiertes Regelwerk, erklären wir in einem anderen Artikel (hier). Hier stellt sich also schon die erste Frage: Ist die SIA-Norm 118 vertraglich vereinbart? Falls ja, gilt der gesetzliche Regelfall nach dem Obligationenrecht (OR) nicht und du bist hier falsch!

Der Baumangel

Wann liegt überhaupt ein Baumangel vor? Rein rechtlich vergleicht man hierfür den Ist-Zustand des Bauwerks mit dem vertraglich vereinbarten Soll-Zustand. Fehlt es dem Bauwerk nun an Eigenschaften oder an Qualität, die vertraglich geschuldet sind, liegt darin ein Baumangel vor. Ein Mangel liegt aber auch dann vor, wenn eine Eigenschaft fehlt, die bei einem Bauwerk grundsätzlich vorhanden sein muss. So hat ein Dach Wasserdicht zu sein, die Statik muss den Normen der Baukunst entsprechen usw.

Die Übernahme

Die SIA-Norm 118 sieht eine speziell geregelte Abnahme vor. Dabei handelt es sich um einen Vorgang nach Abschluss der Bauarbeiten, wo der Besteller (also der, der das Haus/Wohnung/Werk bestellt bzw. gekauft hat) die fertiggestellte Baute überprüft und die Schlüssel übernimmt. Das Obligationenrecht sieht eine solche Lösung nicht vor. Gemäss OR muss der Unternehmer dem Besteller das Werk einzig übergeben (Art. 367 OR). Der Besteller muss dann “sobald es nach dem üblichen Geschäftsgang tunlich ist” prüfen und dem Unternehmer hierbei entdeckte Mängel mitteilen. Einzuräumen ist dem Besteller der Zeitraum, der üblicherweise erforderlich ist, um ein Werk der betreffenden Art unter Berücksichtigung der besonderen vertraglich festgelegten Anforderungen sorgfältig zu prüfen.  Es wird geraten, beides, also die Prüfung der Sache und die Mängelrüge, sofort zu tun.

Die Mängelrüge

Der Unternehmer ist vom Besteller klar darauf hinzuweisen, was falsch sein soll. Ebenso muss der Besteller eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Besteller den Mangel nicht akzeptieren will. Wie immer lohnt sich solche Rügen schriftlich (am besten per Einschreiben) abzufassen. Art. 367 Abs. 2 OR berechtigt beide Vertragsparteien, einen Sachverständigen zur Prüfung des Werkes zu verlangen. Der Besteller hat die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge zu beweisen, sie gilt aber grundsätzlich als gegeben, sofern der Unternehmer die Rechtzeitigkeit nicht bestreitet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert